01.05.2021

zinnoberrot

Mai 2021

röte dich ein. beforme dich, tastend, suchend, gibt es ein DIN das passt, eingenormt, abgepackt, in zungen wie deine! die asche nieselt kursiv über dein haupt während du reuevoll die ampel anblickst. du bist immer weiter gegangen und manchmal hast du gestoppt und das licht angestarrt. dir die blasen von den lippen gewischt und deine fruchtbarkeit angezweifelt. männer in holzfällerhemden sind vorbei marschiert, sie trugen bärte bis zu ihren eichelspitzen und kleine zarte schmetterlingsflügel an ihren behaarten schulterblättern. die flügel lassen sie sich rupfen, jeden ersten montag um zehn bei einer unterbezahlten ästhetikerin. all das interessiert dich nicht, denn du hast licht gesehen und an deine lebenszeit gedacht. du schmeckst rost auf deiner zunge oder eisen. du hast vor dem spiegel deine oberlippenmuskulatur trainiert, dich in tarnfarben frisiert und zögerlich die schritte aus dem deckenbezug hinaus getan. wenn du weitergehst folgen dir die geräusche des tages. teer steigt hinauf und hinab. maschinen drücken und ziehen. füße trappen von stufen zu stufen. sie alle haben sich namen gegeben, das findest du irrwitzig. u-bahntüren schließen rythmisch. etwas schaltet. jemand ruft jemanden beim namen.

 

du hast nelken von gräbern geklaut und die drückst du in den warmen asphalt. erwartest ein lächeln während du weiter gehwege bemusterst mit gefrorenen erdbeeren. vornübergebeugt an wunder glaubst. rührgeräte betätigst. auf die schaltung wartest. die blasen schwelgen weiter vor sich hin. ob du wirklich richtig stehst, siehst du wenn das licht angeht. zinnober ist das und deine stimmung ist        . fleischereien öffnen türen, drücken knochen aus. da wird ein hund begraben mit großem tam tam. und du kaufst wieder nelken. da stehst du wieder und starrst das licht an. bist wieder irgendwann irgendwo hingegangen, klebrige erdbeerenfinger hinter deinem rücken versteckt, gehetzt gerufen: ich nehme niemanden und alles ernst und ich warte auf das licht. heimlich genuckelt. immer heimlich alles. außer den erdbeerkuchen, den zeigst du stolz. von dem gibt es bilder, da sind keine ampeln drauf, da ist die einstellung im hintergrund grasgrün verschwommen. da fasst du dich an hinter dem baum in diesem moment, aber das sieht man nicht auf dem bild. nur große weiße zähne und bürgerlichkeit ohne brotkorb. männer mit geflochtenen bärten, die ihre schmetterlingsflügel verstecken, sowie die du dich hinter dem stadtbaum. da fasst du dich an, nuckelst am daumen. denkst an das licht. dann gehst du und winkst denn männern mit bärten und den großen weißen zähnen.

 

wandelst zurück summend und wummernd auf deinen wegen aus straße. aus geformten licht und überall riecht es nach etwas und da musst du stehen bleiben und da und hier und figuren zwinkern dir zu aus autos ohne gangschaltung und wieder läuft die alte in decken eingeschnürte vorbei die vielleicht ihren namen vergessen hat und die deine erdbeeren aufsammelt und an igel verfüttert und dann zähne zeigt und so laut schreit dass menschen ihre fenster schließen. da klaust du schmetterlingsflügel aus biotonnen und suchst nach deiner menstruationstasse. nelken verdorren langsam in der hitze auf dem kottbusser damm, während die ampel wieder schaltet, wieder und wieder. und es riecht nach backmischung und narzissmus. zermatschte beeren beflecken die unschuld oder schuld, während kreischende alte damen den teufel betanzen, während das auto über torf fährt, während städte sich betatschen in riesen großer schrift. wenn auf dem t-feld eine abendsonne sichtbar wird und sich menschen ihre namen zu flüstern begrabe deine wut noch nicht.  begrabe deine wut heute noch nicht. such dir albino-igel mit rachsucht und warte warte warte auf den moment zu überqueren folge weiter weiter weiter dem licht murmel deinen hämaglobin-wert vor dich hin alles rythmisch alles weiter verschwimmend in einer soße aus süßmittel alles weiter weiter weiter bis es schaltet bis du merkst dass du nicht mehr gehst sondern rennst.

Illustration: Momo Bera

Illustration: Momo Bera