13.04.2020

was mut macht

April 2020

wenn man etwas aus dem restaurant nachkocht und es genau schmeckt, wie man wollte.

wenn man manchmal in den spiegel schaut und bemerkt, dass die farbe des pullovers zu den eigenen augen passt, wie, wenn man eine freundin anschaut, und denkt, wie schön.

wenn ein kind einen mag und man es halten darf. alternativ wenn eine katze einen mag und man sie halten darf.

wenn man eine idee für eine geschichte hat.

wenn man das bett frisch bezogen hat und sich hineinlegt und es ist ganz knusprig um einen herum an der wange an den beinen und in der nase.

ein wirklich gutes telefonat mit einer freundin. wenn man aus dem bauch lacht, dann weiß man, es war gut.

wenn man vermissen kann, einen menschen und die sonnenstrahlen auf dem oberarm, dem weißen tshirt das licht zu zeigen dem menschen wie man im weißen tshirt aussieht.

wenn man sehr fest umarmt wird.

wenn man jemanden zu tränen rühren darf.

wenn man etwas kocht und es schmeckt wie etwas ganz neues, wie etwas, was noch nie gegessen wurde und man ist etwas stolz wie wenn jemand über einen lustigen witz den man gemacht hat sehr lange lacht.
wenn man sich überlegt, wie viel zeit man hat. wie reversibel die dinge sind, wenn man viel zeit hat.

 

mir macht es keinen mut, um neunzehn uhr aus dem fenster zu klatschen. mein körper reagiert trotzdem mit gänsehaut. gänsehaut allerdings macht mir mut, trotzdem ist sie ein trugschluss, man denkt, oh, schau, es berührt meinen arm, also berührt es mein inneres, also ist es gut.

 

wenn man nachts aufwacht von einem knall und sich furchtbar erschreckt, aber es ist nur ein poster, das von der wand fiel. man kann es morgens zurück kleben und weiterschlafen.

wenn ein buch zu ende ist, das man nicht mochte, und man froh ist, dass man es endlich geschafft hat, und man dann ein ganz neues anfangen kann, dass verspricht, einen weniger zu enttäuschen.

wenn der körper einen mehr hält als man selbst den körper, das gefühl, wenn die beine schön schwer werden auf der matratze.

wenn man seine wut über das ungerechte herausbrüllen kann. man sollte sich schilder malen in die einsamkeit und im wohnzimmer demonstrieren. für und gegen das privileg.

wenn man seinen eltern einen gefallen tun kann, etwas ganz kleines, das vielleicht helfen kann. dann sehen sie plötzlich klein aus, wenn man ihnen winkt, und man muss weinen und ein stück stachelbeerkuchen essen, nachdem man seine hände desinfiziert. aber sie lassen sich beeinkaufen und winken einem, und das macht mut.

wenn man ein gutes neues lied findet und dem lied nicht müde wird.