30.07.2021

ultramarin.

Juli 2021

marinier dich ein. beforme dich, tastend, suchend, gibt es ein DIN, das passt, eingenormt, abgepackt, in tiefen wie deine! in jeder welle, die sich zu deinen füßen säumt, klingt ein vergangenes begrüßungsritual mit. manchmal hast du hallo geschrien, am ende war es ein hey. deine rufe nach vorgestern verwirren große tümmler, die nur hier sind, um blüten zu fressen. du läufst wieder die straße entlang, immer die gleiche, aber dieses mal anders. du siehst den meeresspiegel am horizont aufgehen und ignorierst die ampeln. du siehst flöße ohne menschen, aber katzen, die sich wunden lecken. trinkst heilerde aus einem mit zwei fingern gehaltenem glas, da steht vielleicht deine zukunft drauf. gestern hast du regenwürmer zu ketten zusammen gebunden und sie deiner love geschenkt. gestern hast du die pisse im hausflur ignoriert und die sich spreizenden, berstenden kiefer deiner grundschulfreund*innen. heute krümmen sich die großen tümmler vor aua im bauch. was ein wagnis, dieser sand auf den straßen. kotti d'azur, das fandest du damals lustig. als er noch regenwürmer um den hals trug und du deine lieder gesungen hast. heute trägst du die flut.

begehst du die straße dann mit vorsichtigen schritten, um nicht in löcher zu treten, die sich ausdehnen, immer weiter. mal ist es passiert, da öffneten sich kanten zu meerwasserpools in denen tüten schwammen. da lagst du dann dadrin, hast fotos gemacht mit selbstauslöser von dir in deinem knallgelben badeanzug und von den tüten. bist untergetaucht und hast die abgründe abgetastet, wieder und wieder. die bröckelig waren und sich in deinen händen auflösten. du bist dir mit den händen die arme langgefahren und hast dir einen filter aufgesetzt. dann hast du mit tümmlern geknutscht und ihnen die eimer gehalten, während sie getrocknete blüten auskotzten. du hast farben gezählt auf der ölschicht, die sich auf deiner und seiner haut gebildet hat. damals, als die vögel andersherum geflogen sind. verklebt und schnabellos. vor langer zeit hast du mal tropfen gesehen, die waren einfach nur tropfen. da schwammen keine quallen herum, die dich in träger manier mit ihren nesseln bezeichnen. damals fingst du die süßen tropfen ein, in einem schmalen behälter und hast wasser gezüchtet für schwere zeiten. damit duscht du heute 5 minuten. bevor du hinaus gehst und den löchern ausweichst.

immer wieder tastest du abgründe ab. suchst nach fortgespülten stoppschildern in deiner straße, da unten am grund. dort unten am grund, wo die höhlensalmler die lichteinstrahlung auf deiner bettdecke vergessen haben. dort, wo die straßen schlafen, in denen du dich nicht mehr ausruhst.
wenn sich bäume schütteln, frierst du in der großen stadt. du magst den roten himmel wenn es brennt. wenn es brennt und du in deinem meerwasserpool in der backsteinritze liegst. mit den tüten aber ohne ihn. dort am grund, da siehst du keinen roten himmel mehr, da bist du blind und das wasser dicht. da ertrinkst du manchmal in deinem gelben badeanzug. treibst als wasserleiche über den kottbusser damm. umgeben von höhlensalmlern und der google-imitation eines hammerhais. denkst an containerschiffe und den ekligen zeitgeist. heute liegst du ganz alleine auf diesem floß, auch wenn dir alle sagen, dass du nicht alleine bist. da sind die salmler um dich herum und tümmler und quallen und irgendwas von google. plastiktüten, die dich sachte streicheln, dir die wut nehmen wollen. eine ölschicht, die dich behutsam umgibt, dir vögel vom himmel holt. das schreien sie dir zu. heute suchst du nicht alleine abgründe auf dieser straße. du trinkst wasser aus, aus diesem behälter und da züchtest du wellen, die hallo sagen. du suchst nicht alleine, haben sie gesagt. dabei knirschen und knacken sie mit dem kiefer. du bist nicht alleine, nein. aber tümmler sagen hey.

Illustration: Momo Bera

Illustration: Momo Bera