10.09.2020

o. T.

September 2020

dann laufe ich unter tausend sternen über

während ich von kurdischen sommern lese, schläfst du. deine achselhaare kitzeln meinen oberarm und mein magen knurrt und ein mückenstich am fuß juckt furchtbar aber ich lese endlich mal einfach weiter, hole keinen kaffee, lasse mich kitzeln. mir kommen, seit langem, mal wieder die tränen beim lesen, wie lange habe ich nicht mehr beim lesen geweint. du bekommst es mit und dein gesicht schreckt besorgt auf. nur das buch. ok. du drehst dich und fragst, ob du noch ein bisschen so liegen darfst. sofort schläfst du wieder ein und mein kinn fängt an, zu schlottern, eine automatische reaktion auf dieses riesige glück, auf die angst, die immer alles einnimmt, die angst vor allem: die angst vor den sternen und vor der stille und vor der lautstärke und vor den menschen und vor den kopfschmerzen und vor dem wasser im mittelmeer und vor der kleinen schlange an der hauswand und davor, plötzlich verlassen zu werden.

ohnehin denke ich grad häufiger:
ohnehin kann ich nicht loslassen, kann ich mich, nicht erden ohne die glut der angst auf den aufgeschlagenen knien auf den mückenstichen, die sich aneinanderreihen wie gedanken:

ich bin
klein mit glut

das funkeln in den augen meiner mutter als sie mir vor ein paar jahren erzählte dass sie ihren mann verlassen würde, der nicht mein vater ist. auch das war
klein mit glut

seit monaten versuche ich es: dir zu entlocken was du träumst während du träumst. jetzt sagst du es. ich habe von feigen geträumt, vom feigen pflücken auf einem dach auf einem balkon. schläfst wieder ein. ich glaub, ich habe von dir geträumt. murmelst du noch hinterher.