30.10.2019

Force Fields In Public Spaces

Oktober 2019

In die S-Bahn steigt eine Frau ein und beginnt zu schreien. Urplötzlich, als ob irgendein Geräusch oder Blick einen Schalter umgelegt hat. Sie klammert sich beim Luftholen mit beiden Händen an der Haltestange fest. Die Rippen hat sie dagegen gebogen, sie fixiert sich dort, sie ist klein. Schulterlange Haare in einem ordentlichen Pferdeschwanz. Sie schreit so laut, dass den Passagieren neben ihr die Trommelfelle knacken. Niemand versteht die Sprache, die sie spricht; oder vielleicht tun alle nur so, weil es unangenehm ist oder vielleicht verzerrt der Würgereiz ihre Wörter bis zur Unkenntlichkeit. Sie kotzt im Tonfall der wahnsinnig Verzweifelten Silben aus. Am Anfang klingt sie spitz, durchgeladen, und fährt den Umsitzenden in aller Schärfe in den Kopf. Mit der Zeit, Haltestelle um Haltestelle, wird sie heiser, ihr Körper bebt wie von einer Gewalt. Um sie herum bildet sich ein scharf abgegrenzter Raum, an dem sich alle, die durchgehen, instinktiv vorbeiquetschen. Einer stößt fast an die Notbremse beim Ausweichversuch. Im Umkreis von etwa fünf Metern hat niemand ein Handy am Ohr und es finden keine Gespräche statt.