01.12.2023
Eckkneipen
November 2023
Am Samstag hänge ich mal wieder zwischen besoffenen Gleichgesinnten. Die ohnehin überdekorierte Eckkneipe nun auch weihnachtlich geschmückt. Spielautomaten blinken mit einem LED-strahlenden Plastikweihnachtsbaum um die Wette. Meine Klamotten riechen schon jetzt intensiv nach Rauch. Zünde mir noch eine an. Die Kneipenlady ist schwer einzuschätzen, alt, aber sicher altgeraucht. Enger Lederrock, hohe Stiefel, straffer Pferdeschwanz, raue Stimme:
- Kein Bier am Billiarde.
Kommandiert sie.
Das orangene Licht macht glücklich und die Typen vom Nachbartisch lallen vertraulich:
- Der Korn muss getrunken werden, solange er kalt ist.
Junge Menners tragen Trainingsjacken, Reißverschluss bis zum Kinn, kurze Haare, Airmax, breite Köpfe. Wenn sie den Kö positionieren, dann muss er männlich und akkurat angesetzt werden. Wer einen Stoß versaut, ist ein schlechter Mann.
Die nicht spielen, lehnen an der holzverkleideten Wand mit Hertha-Emblem und vergilbten Fotos der Nationalelf. Zeit mit den Mädels zu quatschen. Mit dem Finger muss von unten an die offene Schachtel geschnippt werden. Bei Gelingen schiebt sich eine Zigarette aus dem Päckchen, die man lässig mit den Lippen herauszieht. In der Jukeboxpause klickt ein Feuer.
- Haste mal 2€, will Musik anmachen.
Ich stütze mich an dem Musikautomaten ab und navigiere durch Schlager und Deutschrap.
- Habt ihr einen Wunsch?
Will ich wissen und die schmächtige Frau mit dem Schäferhund sagt:
- Spiel wat für psychische Krankheiten.
Noch ne Runde, noch paarmal an die Schachtel schnippen - Kneipencowboy. Ein Menners mit gelbem Polo, hoch sitzender Jeans und Goldkettchen holt Mexikaner. Dünne, rote Plörre. Wir bleiben beim Korn. Der speckige, warme Raum wächst zusammen. Das diffuse Blinken und der gnomgesichtige Weihnachtsmann sind doch freundlich. Eine redselige Wärme überkommt mich und das Päckchen ist schon wieder leer.